Beben

In Italien wurden sechs Seismologen  und ein leitender Angestellter des Zivilschutzes zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Der Grund? Sie hatten die Gefahr eines bevorstehenden Erdbebens unterschätzt und die Bevölkerung zu Unrecht beruhigt. Eine Woche später bebte die Erde und 350 Menschen starben.

Jedes Beben ist individuell und kann trotz empfindlicher Geräte und wissenschaftlichen Formeln nicht mit genügend großer Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit vorher gesagt werden. Das scheint aber nicht das Problem gewesen zu sein.

Wie es scheint, haben sich die Wissenschaftler den Forderungen der Zivilschutzbehörde gebeugt und die Gefahren herunter gespielt. Dies ist einerseits verständlich, da man die Bevölkerung nicht unnötig alarmieren wollte, andererseits wurden dadurch wichtige Vorkehrungen nicht getroffen und das Beben traf die Bevölkerung unvorbereitet.

Was mir interessant erscheint, ist die Signalwirkung. Die Wissenschaft darf sich nicht politischen Interessen beugen. Das Erdbeben in L’Aquila hat 390 Menschen das Leben gekostet und gewaltigen Schaden angerichtet. Eine humanitäre Katastrophe, die man vielleicht nicht vorhersehen konnte, aber für die man besser vorbereitet hätte sein können.

Wir wissen nicht, was wirklich geschehen ist. Die Zeitungsmeldungen widersprechen sich zum Teil und die internationale Wissenschaftsgemeinde ist empört über die Urteile. natürlich kann man Erdbeben nicht vorhersagen, aber warum wurde mit voller Absicht ein großes Risiko eingegangen ? Was ich vermisse, ist eine offene Diskussion über die Unabhängigkeit und die Aussagekraft der Wissenschaft. Bei Erbeben, Atomkraft, Gentechnologie und in der Medizin. Nur um ein paar zu nennen.

Wahrheit oder Karriere ? Das ist die Frage. Und – was hätten Sie getan ?
Haben wir nicht alle schon einmal Fakten oder Zahlen anders dargestellt, als es der Wirklichkeit entsprach ? Weil wir darum gebeten wurden oder weil man einen Vorteil darin sah ?

L’Aquila ist überall.