Wege aus der Angst

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Ganzheitsmedizin bedeutet den Menschen in seiner Gesamtheit wahrzunehmen und gesundheitlichen Störungen ursächlich zu begegnen.  Angst oder Angststörungen sind keine Krankheiten, sondern Symptome, die uns auf eine tiefer liegende Ursache hinweisen möchten.

Überlegen Sie: Was wären Krankheit oder Krise ohne die damit verbundene Angst?

Angst gehört zur emotionalen Grundausstattung des menschlichen Organismus. Sie ist die Alarmanlage des Menschen, die verlässlich vor Gefahren warnt. Genauso wie man vor einer Alarmanlage erschrickt, reagiert der Organismus mit einer heftigen Stressreaktion, die ihn befähigt sich aus der als bedrohlich empfundenen Situation zu entfernen.

Entwicklungsgeschichtlich hat die Angst die Aufgabe unser Überleben zu sichern. Wenn man einmal eine unangenehme oder schmerzhafte Erfahrung gemacht hat – zum Beispiel dass Feuer heiß ist, ist es die Angst, die uns in Zukunft davor warnt, zu nahe ans Feuer zu gehen. Im Laufe des Lebens lernen wir so viele real existierende Gefahren zu vermeiden oder angemessen zu reagieren. Dies lässt sich mit einem Vogel vergleichen, der auffliegt, wenn sich eine Katze nähert.

Überlegen Sie: Lebt der Vogel in ständiger Angst vor der Katze ?

Angst löst eine sogenannte Stressreaktion aus, die den Körper befähigt in Gefahrensituationen optimal zu reagieren. Dabei kommt es zu einer Umverteilung der Energieversorgung auf jene Körperteile, die zur Gefahrenabwehr benötigt werden: Das Herz-Kreislaufsystem, da mehr Energie verbraucht wird, die Muskulatur, um zu kämpfen oder zu fliehen, und das Gehirn, um die Abwehr zu steuern. Dies geht auf Kosten der sognannten Ruheorgane – das Magen-Darmsystem, die Immunabwehr und die Fortpflanzungstätigkeit.  Wichtig ist auch, dass der Metabolismus (Energieversorgung) umgestellt wird, um den Körper rasch mit Energie versorgen zu können.

Ist die Gefahrensituation vorbei, kommt der Körper schnell wieder zur Ruhe und die Situation normalisiert sich innerhalb von kurzer Zeit.

Angst ist also ein nützliches Warnsystem, das uns vor Gefahren schützen soll. Wie kommt es aber dazu, dass Angst so viele Menschen plagt und sogar krank macht?

Angst ist mit Abstand der größte Stressfaktor, den es gibt.

Überlegen Sie: Warum gibt es soviel Fehlalarm, der uns aus der Ruhe bringen ?

Viele Menschen machen die Erfahrung, dass die Angst vor einer bestimmten Situation viel schlimmer ist, als die Situation selbst. Im Grunde fürchtet man sich ja nicht vor einer bestimmten Situation, sondern eher vor bestimmten Konsequenzen, die mit negativen Erwartungen verbunden sind.

Überlegen Sie: Wie oft sind ihre schlimmsten Befürchtungen genau so eingetroffen?

Oft ist Angst ein unterschwelliges Gefühl, das sich als Unruhe oder Nervosität erkennbar macht. Wir spüren nicht nur das beengende Gefühl der Angst, sondern vor allem die Symptome der Stressreaktion, die durch die Angst ausgelöst wird, als Abwehrreaktion auf etwas, das wir zwar befürchten, das aber noch gar nicht da ist.

Befürchten kann man nur etwas, das man zwar aus der Vergangenheit kennt, das aber in der Zukunft liegt. Gibt es jetzt, im Moment etwas wovor wir uns fürchten müssen ?

Überlegen Sie: Gibt es JETZT etwas, das ich tun kann oder muss?

Angst selbst ist also ein Alarmsignal, sich vor etwas zu fürchten ist Ausdruck einer Angst vor einem Auslöser in der Zukunft. Ganz so, als würde man konstant die Alarmanlage schrillen lassen, um sich daran zu erinnern, das man sich vor den Einbrechern fürchtet.

Viele unserer Ängste sind unbewusst und haben mit sogenannten Konditionierungen zu tun. Dies sind automatische Reaktionsmuster, die sich aufgrund von als unangenehm oder bedrohlich empfundenen Situationen gebildet haben. So ist zum Beispiel die unterschwellige Angst zu versagen, krank zu werden, verlassen zu werden oder Schmerzen zu erleiden oft Ausdruck eines Kindheits- oder sogar vorgeburtlichen Erlebnisses, das uns das ganze Leben im Bann halt. Die Standards und der Leistungsdruck unserer Gesellschaft verstärken diese Konditionierungen durch Ansprüche, denen wir glauben gerecht werden zu müssen.

Überlegen Sie:  Setze ich mich selbst unter Druck und ist es notwendig ?

Symptome der Angst sind also mit einer Reaktion auf eine schrillende Alarmanlage zu vergleichen und man hat die Wahl: entweder die Warnsignale zu ignorieren und die Symptome zu unterdrücken (durch Ablenkung, Drogen oder Medikamente), oder sich mit Interesse der tieferen Ursache zuzuwenden – so, als würde man nachsehen gehen, warum der Alarm ausgelöst wird.

Jede Angst hat eine Geschichte und sich dieser zu nähern, ist der erste Schritt zur Heilung. Fragen Sie sich: was will mir die Angst sagen – und vertrauen sie der Antwort.

Die Ursache der (chronischen Angst ist immer eine unwillkürliche Reaktion auf die Empfindung “nicht zu wissen” – das heißt keine Kontrolle darüber zu haben, wie etwas ausgehen wird, denn selbst wenn es Prognosen oder Vorhersagen gibt, können wir nicht sicher sein, wie sich eine Sachlage entwickeln wird und wofür dies letztendlich  gut sind.

Überlegen Sie: Hätten Sie Angst, wenn Sie sicher wüssten dass alles gut ausgeht ?

Ein weiterer Schritt ist zu lernen, sich von quälenden Gedanken zu befreien. Dies geschieht einerseits durch Logik (“Kann ich absolut sicher sein, ob das, was ich befürchte auch eintrifft?”), andererseits durch Lenken der Aufmerksamkeit weg von den Gedanken, in den eigenen Körper.  Dem Atem folgen, bewusst zu entspannen oder sich bei einem Spaziergang von der Natur helfen zu lassen, sind einfache, doch extrem wirksame Methoden.

Manchmal sind Angstzustände (Unruhe, Aggressivität) oder Angststörungen ( Panikattacken) so ausgeprägt, dass professionelle Hilfe, unter Umständen auch Medikamente, in Anspruch genommen werden müssen. Wichtig ist aber immer die Ursachensuche, denn als quälend empfundene Angst hat immer einen Grund und einen damit verbundene Auslöser.

 ERSTE HILFE:

Was tun bei Angst und Stress ? Die ABC – Regel hat sich bewährt:

Anerkennen: Dies ist der erste und wichtigste Schritt. Nehmen Sie die Angst und das unangenehme Druckgefühl an. Sagen sie “ JA “ dazu – Ja, ich verspüre Angst.

Beobachten: Beobachten Sie sich und Ihre Reaktionen. Wann tritt das Angstgefühl auf, mit welchen Situationen und Menschen ist es verbunden ? Gibt es „Trigger“ ? Wie reagieren Sie darauf ?

Causal hinterfragen: Ist es JETZT notwendig, in Aufruhr zu sein ?

Angst und Unruhe lassen sich leicht lösen, wenn man sich angewöhnt, im Hier und Jetzt zu sein. Viele Dinge lösen sich von selbst, und Ruhe und Gelassenheit stellen sich ein.

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VERANSTALTUNGSHINWEIS: Am 3.12. hält Dr. Michaela Trnka einen Vortrag über „Wege aus der Angst“ im Rahmen des MiniMed Studiums (Eintritt frei)

Wege aus der Angst
Wie man Angst und Krise als Wachstumschance nützen kann

19:00 Uhr
Novomatic Forum – Festsaal
Friedrichstr. 7, 1010 Wien

Mehr über Dr. Michaela Trnka

Leistungssport

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Der Spiegel widmet sich wieder einmal dem Thema Burnout.

Demnach soll in Deutschland jeder Vierte im Job einknicken, weil er sich ausgebrannt fühlt. Um dem vorzubeugen, sollte man wie ein Leistungssportler denken, sagt darin der Experte und Psychologe Michael Kellermann.

Ich habe diesen Artikel mit Kopfschütteln gelesen und mich wieder einmal gefragt: “ Fällt denn niemandem etwas auf ?“

Arbeitnehmer werden mit Leistungssportlern verglichen ? Mit Menschen, die es gewohnt sind an und über Ihre Grenzen zu gehen, die weder Schmerz, Kosten, Mühe oder Gefährdung ihrer Gesundheit scheuen, um extreme Leistungen zu vollbringen ?

Sein Rat: die Betroffenen sollen Erholungspausen einlegen. Er rät, sich zu überlegen was einem guttut und rät zur Überwindung. „Erholung passiert nicht einfach, man muss sie steuern.“

Erholung ist ein körperlicher Prozess, der durch Ruhe und Entspannung verbrauchte Kräfte zurückgewinnt und die Leistungsfähigkeit wieder herstellt. Ich behaupte also, Erholung passiert sehr wohl – man muss sie nicht steuern oder herbeiführen, sondern der Intelligenz des Körpers vertrauen und nicht gegen seine eigenen Instinkte arbeiten.

Aber vielleicht haben wir gerade das verlernt ?

Ich arbeite viel mit Menschen, die an chronischem Stress oder Burnout leiden und ich beobachte dabei immer wieder, dass diese Menschen sehr wohl spüren, dass sie erschöpft sind, aber trotz Urlaub, Wochenenden oder Auszeiten nicht ausreichend Reserven tanken oder regenerieren können. Oftmals scheitern gute Vorsätze “ endlich etwas für sich zu tun“ am  Energieaufwand und das beeinflusst die Motivation. Erholung soll ja Energie geben, nicht noch mehr belasten.

Wir haben in Österreich normalerweise 5 Arbeitstage und eine 40 Stundenwoche. Natürlich gibt es überall Spitzenzeiten oder Überstunden und sicherlich ist das allgemeine Tempo schneller geworden, aber das erklärt doch nicht die enorme Zahl der Krankenstände und Ausfälle durch chronische Stressbelastung.

Erschöpfungssyndrom, Anpassungsstörungen, Depression, Belastungsstörung, Burnout – alles weil wir nicht wissen, wie wir uns erholen sollen ? Oder liegt es vielleicht daran, dass niemandem mehr auffällt, das eine normale Berufstätigkeit bereits mit Spitzensport verglichen wird ?

Ich habe ein paar Ideen über die Hintergründe der Erschöpfungsepidemie am Arbeitsplatz und abseits davon, die ich in den nächsten Wochen hier vorstellen möchte – im Sinne einer ganzheitlichen Überlegung, die die Kausalität des Phänomens Burnout beleuchten soll.

Denn eines ist sicher – Arbeit soll Spass machen und nicht die Gesundheit ruinieren.

Kurzvortrag über Stress und Gesundheit bei ” Laut und Leise”

DR. MICHAELA TRNKA HAT SICH LANGE MIT STRESSMEDIZIN BESCHÄFTIGT UND ARBEITET INTENSIV MIT MENSCHEN, DIE BURN-OUT ALS CHANCE BETRACHTEN, “UM-ZU-LEBEN” UND WIEDER ZU SICH SELBST UND IHRER EIGENEN BESTIMMUNG ZU FINDEN.

Siehe auch: www.aesculini.com

Der Schmerz von nebenan

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In meinem letzten Beitrag habe ich über Mitgefühl gesprochen.

„Was ist Mitgefühl eigentlich genau“  wurde ich gefragt.

Das ist eine wichtige Frage, denn es besteht tatsächlich eine gewisse Begriffsverwirrung über so wichtige non-verbale Kommunikationsfähigkeiten wie „Mitleid“, “ Empathie“ und „Mitgefühl“. Ich möchte also einen kleinen Ausflug in unsere Gefühlswelt wagen, um ein wenig Klarheit zu verschaffen. Ich möchte anmerken, dass wir diese Begriffe oft synonym verwenden, doch eine exakte Formulierung kann uns helfen, die tatsächliche Ebene des Gefühlsaustausches zwischen Menschen aufzuspüren und nachzufühlen.

Bei keinem der Begriffe handelt es sich um eine Emotion. Mitleid bezieht sich auf die Fähigkeit den Schmerz oder das Leiden eines anderen zu empfinden, ohne dass man die damit verbundenen Gefühle in ihrer ganzen Tragweite körperlich zu spüren bekommt. Mitleid kommt auf, wenn man die eigene Erfahrung einsetzt, um das Erleben des anderen nachzuvollziehen. Man kann sich vorstellen, wie schlimm es sein muss, jemanden zu verlieren, an einer Krankheit zu leiden oder in einer schwierigen Lebenskrise zu sein und aus diesem Wissen heraus, ist man motiviert zu helfen. Man nennt Mitleid auch „den Schmerz von nebenan“ und das Bedauern ist ein Teil davon.  Oft lehnen Menschen Mitleid ab, weil sie sich durch diese Diskrepanz unterlegen fühlen.

Empathie wiederum ist die Fähigkeit, sich in den anderen hineinzuversetzen. Einfühlungsvermögen ist eine gute Übersetzung dieses Wortes, das ein Gegenteil hat – Apathie, das  für Unempfindlichkeit und Teilnahmslosigkeit steht. Empathie ist ein unbewusster Vorgang, der  sowohl die Gefühlsebene als auch kognitive Zentren in der Großhirnrinde mit einbezieht. Dieses „sich hineinversetzen können“  ist eine Funktion der sogenannten Spiegelneurone, die gleich reagieren, egal ob man den Schmerz nun selbst erfährt, oder ihn bei anderen wahrnimmt.  Es ist eine wichtige Fähigkeit, andere über die Sinneseindrücke hinaus in ihrer Gesamtheit, inklusive der Gefühlswelt und Emotionalität, wahrzunehmen. Menschen die Empathie haben, sind gute Kommunikatoren, da sie sich gut auf Ihr Gegenüber einstellen können.

Das echte Mitgefühl geht aber selbst darüber hinaus. Es beschreibt die Bereitschaft den  Schmerz und das Leid des anderen wahrzunehmen. Im Mitgefühl wird nicht nur das  emphatische Einfühlungsvermögen gezeigt, sonder der  Gefühlszustand des anderen wird vorbehaltlos, als wäre es der eigen, wahrgenommen. Offenheit, ohne Angst und Vorurteil lässt Mitgefühl aufkommen und wir helfen ohne groß nachzudenken, spontan und ohne auf den eigenen Vorteil zu achten. Dieses Mitgefühl ist ein Ausdruck von Liebe.

Und hier liegt der Unterschied. Mitleid, aber auch Empathie setzen Grenzen. Das Mitgefühl überwindet diese und erlaubt Menschen ihrer wahren Natur Ausdruck zu geben. Mitgefühl kennt kein Bedauern, weil es den Betroffenen und den Mitfühlenden auf eine Stufe stellt. Mitgefühl kommt von selbst, wenn man einfach auf den anderen zugeht, alle Ideen, Verurteilungen oder  Vorurteile beiseite lässt und einfach fragt “ Kann ich Dir helfen“.

Beobachten Sie sich einmal selbst. Wenn man ein weinendes Kind sieht, ist es ein Instinkt hinzugehen und es zu trösten. Egal ob es das eigene ist, oder nicht. Aber bei einem Freund, einen Bekannten oder Kollegen fällt das schon schwerer. Wir glauben, dass diesem unsere Anteilnahme vielleicht unangenehm ist. Und das mag stimmen, wenn Mitleid im Spiel ist. Mitleid, das davon ausgeht, dass einer Glück hat und der andere Pech – und völlig übersieht, dass man nur ‚Glück‘ haben kann, wenn ein anderer das ‚Pech‘ auf sich nimmt.

Mitleid reagiert auf den Schmerz von nebenan. Empathie nähert sich an. Doch Mitgefühl kennt keine Unterschiede, nimmt alles an und weist nichts zurück.

Dr.Michaela Trnka ist Ärztin, Mentor und Wegweise. Sie beschäftigt sich mit der ganzheitlichen Lösung von Stress und Burn-Out. Weitere info auf www.aesculini.com

Kann ich Dir helfen ?

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Es vergeht kein Tag an dem mich nicht jemand fragt, wie man Menschen im Burn-Out helfen kann. Meist handelt es sich um Kollegen, Bekannte, Freunde oder Freunde von Freunden.

Hier ist mein Rat: Zeigen Sie Mitgefühl.

Ein Mensch, der sich in der Spirale eines Burn-Outs befindet braucht vor allem eines – das Gefühl nicht alleine zu sein. Stellen sie sich vor, sie wachen aus einem bösen Traum auf, sind desorientiert und verzweifelt. Sie wissen nicht weiter sind vor Angst gelähmt. In einem solchen Moment brauchen wir nur das Gefühl gehalten zu werden.

Das Burn-Out ist keine Krankheit, keine psychische Störung und schon gar kein Zeichen von Schwäche. Es ist ein Zustandsbild, ein Syndrom, das viele Ursachen hat. Eine davon ist ein Verlorengehen in der Welt der Gedanken und reaktiven Glaubensmustern,  ein getrennt sein von der stabilisierenden, erdenden Kraft des Körpers. Menschen im Burn-out leben im Kopf und nehmen die Signale des eigenen Körper nicht wahr.

Ein Mensch mit Burn-Out braucht Halt. Er braucht keine Medikamente, Psychopharmaka oder gute Ratschläge. Er braucht Wärme, Berührung und Ruhe um wieder zu sich zu finden. Es ist wie das Erwachen aus einem Albtraum. Viele haben Angst, da sie sich buchstäblich am Abgrund sehen. Das ist eines der Symptome und weist auf den Mechanismus des Burn-Outs hin, das mit Identität zu tun hat. Dieser Angst kann man am besten begegnen, indem man den betreffenden Menschen dazu anleitet auf seinen Atem zu achten oder mit den Handflächen die Oberschenkel reiben. Dies bringt sie wieder in den Körper und lenkt von der Angst ab.

Es ist wichtig im Moment zu bleiben.

Dies ist auch ein wichtiger Ratschlag für alle die helfen wollen. Ein Mensch im Burn-Out weiß oft instinktiv was er braucht und kommuniziert das auch. Es gibt keine Standardtherapie oder Vorgehen, da jeder Mensch anders ist und für unterschiedliche Ansätze oder Methoden zugänglich.

Also fragen Sie ganz einfach: „Kann ich Dir helfen ?“  Und dann warten Sie auf die Antwort. Nur Zuhören, selbst wenn nichts gesagt wird. Keine Ratschläge, keine Vergleiche, keine Anekdoten, keine Hilfsaktionen – nur ein ernst gemeintes, aufrichtiges

„Kann ich Dir helfen?“

Dr.med. Michaela Trnka ist Ganzheitsmedizinerin und spezialisiert auf Stressmedizin. BurnOut bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes, der individuell verschieden ist. www.aesculini.com

Faul & Glücklich

Das Profil widmet seine Titelstory diese Woche dem Phänomen Burn-out. „Chill dein Leben“ betitelt die Autorin ihren Beitrag und besingt ein wenig unsicher, aber bestärkt durch angesehene Kapazitäten, das hohe Lied des – Müßigganges, das sie als „Strategie gegen Burn-Out anzupreisen weiß.

Immerhin ein Schritt zur Lösung der „Phantom-epidemie“, von der fast jeder direkt, zumindest aber indirekt betroffen ist, die aber in keinem Diagnosemanual oder Lehrbuch zu finden it.

In meinem letzten Beitrag habe ich die Frage gestellt, ob niemanden etwas auffällt. Er bezog sich auf eine Presse-aussendung der Wiener Ärztekammer, die von 2 Millionen betroffenen und/oder gefährdeten Österreichern im erwerbsfähigen Alter sprach. Früher hat die Pest und die Tuberkulose die Leute reihenweise dahingerafft, heute ist es eine Erkrankung, die gar keine ist und für die sich niemand wirklich zuständig sieht. Das wird ja auch verständlich, wenn man davon ausgeht, dass bereits ein Viertel der Bevölkerung in einem der vorbildlichsten Sozialstaaten der Welt, der überaus wohlhabend ist und sich durch seine Schönheit und Bewusstsein für Natur und Natürliches hervortut, von einer mysteriösen Malaise betroffen ist, die es angeblich nicht gibt, aber in ihrer Auswirkung die Arbeitsleistung massiv und empfindlichst  reduziert (stellen Sie sich vor jeder 4. Kollege fällt aus) und somit direkt die Wirtschaftsleistung und das heilige Bruttosozialprodukt, das unser aller Wohlergehen definiert.

Als es die Pest gab, konnte zumindest jeder die Beulen sehen und es war eindeutig die Troika Arzt, Priester, Totengräber dafür zuständig.

Aber heute ? Ach du lieber Augustin…

Heute übernehmen die Medien die Rolle der Gesundbeter und erzählen den Menschen, dass Burn-Out eine Phantomkrankheit ist, an der sie im Prinzip selbst schuld sind. Zu schwach, nicht kommunikationsfähig, beziehungsunfähig, persönlichkeitsgestört, süchtig, abhängig, unfokussiert, zu wenig motiviert, nicht anpassungsfähig, nicht modern, nicht stark, nicht tough – eben einfach nicht…cool und chillig.

Chill dein Leben.

Was ich an diesem zwar wohl gemeinten, aber irgendwie hilflosen Beitrag so liebe und was mir soviel Hoffnung gibt, ist das Titelbild und seine Symbolik, das mehr über den kausalen Lösungsansatz sagt, als ganze Bücher zum Thema “ Nichts geht mehr, aber es muss“ – Strategien gegen Burn-Out“.

Auf diesem Bild sitzen ein Mann und eine Frau Rücken an Rücken. Beide im unschuldigen Weiß gekleidet. Sie wirkt entspannt, hat die Augen geschlossen, lehr sich an seine Schulter. Er wirkt ein wenig sorgenvoll, in der Denkerpose. Faul & Glücklich sagt die Überschrift. Und so scheint es wahrhaftig. Das entspannt ruhende weibliche Prinzip macht es vor – relax. Vergiss die Sorgen und lass die Probleme sein. Heute ist heute.Wir sind da, wir haben uns, wir haben gegessen, getrunken und ein Dach über dem Kopf. Das reicht doch im Moment, oder ? Das gestresste männliche Prinzip runzelt die Stirn – aber was wird, wenn…scheint er zu fragen. Relax sagt sie. ich bin ja da und hast du dir schon mal überlegt, dass du gar nichts tun musst um zu atmen ?

Genau. Für’s Überleben ist gesorgt.

Fällt niemandem etwas auf ?

Die Wiener Ärztekammer schlägt Alarm: Laut einer Presse-aussendung sollen bereits 500,000 Menschen an einem behandlungsbedürftigen Burn-Out Syndrom leiden und ganze 1,5 Millionen Menschen gefährdet sein auszubrennen.

Das sind insgesamt 2 Millionen Menschen, die vom Burn-out betroffen sind.

Österreich hat eine Einwohnerzahl von 8,4 Millionen. 62 % oder 5,2 Millionen sind im arbeitsfähigen Alter zwischen 15-60 Jahren. Wenn wir also annehmen, dass das Burn-Out vor allem die im Arbeitsprozess stehende Bevölkerung betrifft, sind dies fast 40%.

Das heißt 4 von 10 leiden unter den Symptomen eines Burn-Out.

Stress sei im modernen Europa nach Rückenschmerzen das zweithäufigste gesundheitsbedingte Problem, sagt eine weitere Expertin in der Aussendung. Dazu möchte ich zu bedenken geben, dass Stress der häufigste Auslöser für Beschwerden des Bewegungsapparates ist, womit Stress als wirtschaftlicher Faktor eine noch größere Bedeutung zukommt. 2,8 Milliarden Schaden, berechnet eine Schweizer Agentur (für Österreich gibt es keine genauen Zahlen).

Ich beschäftige mich seit langem mit dem Phänomen Stress und Burn-Out und ich stelle immer wieder die Frage: Fällt niemandem etwas dabei auf ?

Gesundheit hängt nicht so sehr von den äußeren Bedingungen, als von der inneren Bereitschaft zur Anpassung an die Gegebenheiten des Lebens ab. Stress entsteht immer dann, wenn ein Konflikt zu Widerstand und Ablehnung führt. Oft sind dies unbewusste Vorgänge, die man über lange Zeit kompensieren kann, die aber irgendwann zu Beschwerden ( wie zB Rückenschmerzen, Verdauungsprobleme oder Hochdruck) führen. Es stimmt sicherlich, dass ein gesunder Lebensstil (Entspannung, Bewegung, Ernährung) zum Wohlbefinden beitragen kann, aber diese Faktoren sind nicht die Ursache für Stress und Zivilisationserkrankungen.

Oft wird die Ursache im Zeitdruck, der Überbelastung und mangelnden Motivation geortet. Es stimmt sicherlich, dass bedingt durch die wirtschaftliche Situation, die Arbeitsbelastung des Einzelnen zugenommen hat. Aber ist viel Arbeit ein Grund dafür auszubrennen ?

Stellen Sie sich vor, sie tun genau das, was sie am Liebsten machen. Etwas das Ihren Talent, Ausdrucksmöglichkeit und Kreativität entspricht. Egal ob Gärtnern, Kochen, Spazieren gehen, Lesen. Menschen helfen, Unterrichten, Malen, Reisen oder Tischlern. Sie tun das, in dem sie ganz aufgehen und die größte Befriedigung finden. Würde Ihnen das Energie geben oder rauben ?

Wir leben in einer Zeit in der sich vieles ändert und das Alte oft gar keine Sinn macht. Trotzdem versuchen wir die bestehenden Systeme aufrecht zu halten, weil wir sie kenne und sie uns das Gefühl der Sicherheit geben. Denn was für den Menschen oft unerträglich ist, ist die Angst vor dem Unbekannten.

Wo soll das alles hingehen ? Was wird morgen sein, nächste Woche, nächstes Jahr ?
Wir alle haben diese unbewussten Ängste und wir alle spüren den Druck der Veränderung. ich vergleiche das Leben gerne mit einem Fluss. Dieser läuft oft gemächlich, langsam – aber dann auch wieder ungestüm und rau, da gibt es Stromschnellen, Strudel und scheinbar gefährliche Momente. In so einer Situation neigen wir dazu uns festzuhalten, doch der Fluss des Lebens bewegt sich unaufhaltsam vorwärts – und reißt uns mit.

Menschen die sich neuen Gegebenheiten anpassen können, haben es hier leichter. Aber man kann von Ihnen lernen und an ihrer Entwicklung sehen, dass Situationen, die oft wie eine Katastrophe aussehen – wie zB Jobverlust – auch der Ausgangspunkt für etwas Neues oder Befriedigenderes sein kann.

So ist meine Frage zum Burn-Out Syndrom folgende: Wieso glauben wir eigentlich, dass es sich hier um eine psychische Störung oder Erkrankung handelt ? Vielleicht ist es eine gesunde Reaktion eines Organismus, der nicht mehr gehetzt, geschunden und gejagt werden will ? Unter übermenschlichen Willensanstrengungen sich an ein System anzupassen, das schon längst nicht mehr passt ? Und wir alle wissen es….

Menschen im Burn-Out haben den Kampf gegen sich selbst aufgegeben und die Phase der Ruhe (bedingt durch Erschöpfung und Energieverlust) erlaubt es Ihnen sich wieder zu regenerieren. In dieser Phase gibt es wenig Widerstand gegen neue Einsichten und Weisheit. Man lernt Kopf und Körper wieder zusammenarbeiten zu lassen und findet zur Mitte zurück.

Mein Plaidoyer ist das Burn-Out nicht als Geißel oder Zeichen der Schwäche, sondern als Signal zu betrachten endlich stehen bleiben zu dürfen, Atem zu holen und umzudrehen.

Zu sich selbst.

Kurzvortrag über Stress und Gesundheit bei “ Laut und Leise“

Dr. Michaela Trnka hat sich lange mit Stressmedizin beschäftigt und arbeitet INTENSIV mit Menschen, die Burn-Out als Chance betrachten, „um-zu-leben“ und wieder zu sich selbst und ihrer eigenen Bestimmung zu finden.

Siehe auch: www.aesculini.com