Leistungssport

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Der Spiegel widmet sich wieder einmal dem Thema Burnout.

Demnach soll in Deutschland jeder Vierte im Job einknicken, weil er sich ausgebrannt fühlt. Um dem vorzubeugen, sollte man wie ein Leistungssportler denken, sagt darin der Experte und Psychologe Michael Kellermann.

Ich habe diesen Artikel mit Kopfschütteln gelesen und mich wieder einmal gefragt: “ Fällt denn niemandem etwas auf ?“

Arbeitnehmer werden mit Leistungssportlern verglichen ? Mit Menschen, die es gewohnt sind an und über Ihre Grenzen zu gehen, die weder Schmerz, Kosten, Mühe oder Gefährdung ihrer Gesundheit scheuen, um extreme Leistungen zu vollbringen ?

Sein Rat: die Betroffenen sollen Erholungspausen einlegen. Er rät, sich zu überlegen was einem guttut und rät zur Überwindung. „Erholung passiert nicht einfach, man muss sie steuern.“

Erholung ist ein körperlicher Prozess, der durch Ruhe und Entspannung verbrauchte Kräfte zurückgewinnt und die Leistungsfähigkeit wieder herstellt. Ich behaupte also, Erholung passiert sehr wohl – man muss sie nicht steuern oder herbeiführen, sondern der Intelligenz des Körpers vertrauen und nicht gegen seine eigenen Instinkte arbeiten.

Aber vielleicht haben wir gerade das verlernt ?

Ich arbeite viel mit Menschen, die an chronischem Stress oder Burnout leiden und ich beobachte dabei immer wieder, dass diese Menschen sehr wohl spüren, dass sie erschöpft sind, aber trotz Urlaub, Wochenenden oder Auszeiten nicht ausreichend Reserven tanken oder regenerieren können. Oftmals scheitern gute Vorsätze “ endlich etwas für sich zu tun“ am  Energieaufwand und das beeinflusst die Motivation. Erholung soll ja Energie geben, nicht noch mehr belasten.

Wir haben in Österreich normalerweise 5 Arbeitstage und eine 40 Stundenwoche. Natürlich gibt es überall Spitzenzeiten oder Überstunden und sicherlich ist das allgemeine Tempo schneller geworden, aber das erklärt doch nicht die enorme Zahl der Krankenstände und Ausfälle durch chronische Stressbelastung.

Erschöpfungssyndrom, Anpassungsstörungen, Depression, Belastungsstörung, Burnout – alles weil wir nicht wissen, wie wir uns erholen sollen ? Oder liegt es vielleicht daran, dass niemandem mehr auffällt, das eine normale Berufstätigkeit bereits mit Spitzensport verglichen wird ?

Ich habe ein paar Ideen über die Hintergründe der Erschöpfungsepidemie am Arbeitsplatz und abseits davon, die ich in den nächsten Wochen hier vorstellen möchte – im Sinne einer ganzheitlichen Überlegung, die die Kausalität des Phänomens Burnout beleuchten soll.

Denn eines ist sicher – Arbeit soll Spass machen und nicht die Gesundheit ruinieren.

Kurzvortrag über Stress und Gesundheit bei ” Laut und Leise”

DR. MICHAELA TRNKA HAT SICH LANGE MIT STRESSMEDIZIN BESCHÄFTIGT UND ARBEITET INTENSIV MIT MENSCHEN, DIE BURN-OUT ALS CHANCE BETRACHTEN, “UM-ZU-LEBEN” UND WIEDER ZU SICH SELBST UND IHRER EIGENEN BESTIMMUNG ZU FINDEN.

Siehe auch: www.aesculini.com

Gwyneth und die Bettler

Gwyneth Paltrow, die amerikanische Filmschauspielerin und Oscar-Preisträgering macht Werbung für eine vegetarische Fertigkostllinie der Supermarktkette SPAR und ich frage mich, was sie sich eigentlich dabei gedacht hat ? Oder ob sich irgendjemand etwas dabei gedacht hat ?

Der Werbespot zeigt Gwyneth ganz natürlich, in Jeans, mit Fahrrad und Blumenstrauss in einem stilvollen französischem Landhaus. Sie bereitet sich für eine Preisverleihung vor, wählt ein Kleid, Schuhe, schreibt eine Rede – und isst noch schell etwas. Man sieht sie mit fragendem Ausdruck vor dem Kühlschrank stehen und  einen Schnitt später etwas verschämt an einem großen Holztisch sitzen. Dieser biegt sich unter mindestens 15 verschiedenen Gerichten, ein Festmahl für 30 Personen. „Manchmal ist die beste Entscheidung keine Entscheidung“ sagt die Stimme aus dem off und Gwyneth lächelt dazu etwas verkrampft und hat noch immer nichts gegessen.

Erinnert Sie das auch an Marie Antoinette ? In Zeiten der Sparpakete und der zunehmenden sozialen Unsicherheit, sollen wir mit Verschwendung verführt werden ? Ein Werbegag ? Oh nein, dazu ist die Botschaft zu deutlich: wenn wir uns nicht entscheiden können – warum nicht einfach alles nehmen, auch wenn wir es weder aufessen – noch sonst gebrauchen können.

Dies ist die Botschaft des Konsums. Mehr, mehr, mehr – gieriges Raffen macht nicht einmal mehr vor gesunder Biokost halt. Abgesehen davon, dass in industriell zubereiteten Fertiggerichten einer Supermarktkette wohl nicht mehr viel gesunde Biokost zu finden ist, selbst wenn die Marke Veggie heißt und die Verpackung richtig  frisch aussieht.

Vor vielen Wiener Supermärkten stehen rumänische Bettler. Oftmals in dünner Kleidung, frierend und sichtlich nicht gesund. Ich bin immer erstaunt, wie viele Menschen achtlos an Ihnen vorbeigehen, anstatt ihnen Kleidung, ein wenig Geld,  – oder zumindest ein Lächeln zu schenken. Ich denke die meisten sind irritiert, denn wenn man aus einem gut sortierten Supermarkt mit prall gefüllten Tragetaschen kommt, möchte man nicht mit hungrigen oder verzweifelten Augen konfrontiert werden.

Wir sind eben Gwyneth Paltrow die 15 Sorten Veggie vor sich auftürmt – und nicht Mariana aus Sofia die Zahnschmerzen und eine große Familie hat, die Sie durch Betteln ernähren muss. Aber ist es nicht auch die übersättigte und gierige Gwyneth Paltrow die Mariana aus Sofia dazu zwingt bei Regen und Schnee vor einer Supermarktkette zu betteln? Sie finden den Vergleich zu weit hergeholt ?

Wenn jemand zuviel hat, muss jemand anderer zuwenig haben. Das sind die Gesetze dieses Universums – auch wenn uns die Werbung mit allem Zynismus und berechnender Kaltschnäuzigkeit etwas anderes glauben machen will.

Wahr ist jedenfalls, dass Gwyneth und Mariana sich gegenseitig bedingen – und daran sollten wir denken, wenn wir Veggie kaufen, Bettler sehen oder die Qual der Wahl haben.